Rundgang
Gehen Sie mit uns auf einen kurzen virtuellen Rundgang durch das Möbelmuseum und sehen Sie einige ausgesuchte Exponate aus der aktuellen Ausstellung. Diese repräsentieren die Stilepochen, in denen die Steinheimer Handwerker und Möbelfirmen über 150 Jahre lang dem Geschmack ihrer Zeit folgten und ihrer zunehmend überregionalen Kundschaft hochwertige Qualitätsmöbel anboten. Im Museum selbst finden Sie über 500 weitere Exponate, von Möbeln über Kronleuchter und Lampen – alle in Steinheim gefertigt – bis hin zu einer umfangreichen Gemäldegalerie im Treppenhaus. Ein Besuch lohnt sich immer!
Schreibtisch mit Aufsatz
unbekannte Steinheimer Werkstatt,
um 1904 Historismus,
Eiche massiv
In der Gründerzeit-Wohnkultur waren Herrenschreibtische mit prachtvollem Aufsatz weit verbreitet und demonstrierten Wohlstand und guten Geschmack. Dieser Schreibtisch zeigt ein typisches Neorenaissance-Dekor: Pilaster, Säulen, Kugelfüße, reliefierte Füllungen mit Diamantierungen an unteren und mit Rosetten an oberen Türen und Schüben, Messingbeschläge, Schreibfläche mit grünem Lederbezug, Aufsatz über flacher Nische, oberer Abschluss seitlich mit Zierbalustraden, Bekrönung mit Löwenkopf-Medaillon inmitten durchbrochener Barock-Ornamentik und Kugelknaufen.
Wohnzimmerschrank
Kunsttischlerei Anton Spilker,
1908
Art déco, Eiche
Der Wohnzimmerschrank besteht aus einem Schrankumbau, in den das Unterteil als Kredenz und zwei seitliche Oberteile mit Bord über mittlerer Nische eingefügt sind. Das Unterteil zeigt schlichtes Design mit Stollenfüßen, Türen appliziert durch Zierplatten und Profilleisten gekröpft zu geometrischen Mustern, Perlstabeinfassungen zur Rahmenbetonung, Oberteiltüren mit Ziersprossen, die Glasscheiben mit Facettenschliff einfassen. Das Oberteil zeigt abweichende Stilelemente mit reichem Barock-Schnitzwerk an oberen Seitenelementen und Nischengalerie. Dieses Design aus der Periode vor dem Ersten Weltkrieg lässt auf die Entwicklung vom traditionellen Stildesign zu neuen Formen schließen.
Schränkchen mit Aufsatz
Kunsttischlerei und Möbelfabrik Franz Finkeldei,
1909
Jugendstil, Kirschbaum
Das Schränkchen mit Aufsatzwand zeugt von einer neuer Formensprache, die sich bei noch vorherrschendem Historismus vor dem Ersten Weltkrieg stetig ausweitete. Der zweitürige Korpus mit den breiten Türrahmenansichten, auch die flache Aufsatzwand mit dem intarsierten Frauenprofil, lassen den Stand der damaligen Furniertechnik erkennen. Die massiven Teile wie die achteckigen geschweiften Beine, der Steg, die Einfassung der Aufsatzwand und die seitlichen runden Minivitrinen deuten auf den Einfluss des Jugendstils hin. Da dieser jede Ableitung von historischen Stilen ablehnt, ist dieses Schränkchen kein „Stilmöbel“, sondern eine Eigenschöpfung.
Bücherschrank
Möbelfabrik Franz Finkeldei & Söhne,
Meisterstück Hugo Evers 1929
Danziger Barock-Stil,
Eiche, z.T. furnierte Tischlerplatten
Der Danziger Barock-Stil erscheint als Vorbild bei diesem im Jahre 1929 geschaffenen Schrank – noch ganz im Geiste des Historismus. Das beherrschende Format mit dem imposanten Kranz wird getragen durch einen adäquaten Korpus. Das Unterteil mit drei Schubkästen – seitlich eingefasst durch Löwenköpfe – ruht auf achteckigen schweren Füßen. Das Schrankteil mit reich geschnitzten Lisenen zeigt seitlich Türen mit gekröpften Füllungen und in der Mitte eine Glastür. Das gewaltige Faltwerk des Kranzes trägt in der Mitte eine Kartusche mit den verschlungenen Buchstaben L/St. Diese Initialen wurden nachträglich beim Erwerb des Schrankes durch die Steinheimer Familie Lödige-Steinwart angebracht.
Wohnzimmer-Aufsatzschrank
Kunsttischlerei Heinrich Hausmann, 1933
Chippendale, Nussbaum poliert
In der Zwischenkriegszeit wird noch überwiegend die traditionelle Formgebung bevorzugt. Der Wohnzimmer-Aufsatzschrank ist ein typisches Stilmöbel, bei dem neue Materialien, fortgeschrittene Technik und geänderte Wohnverhältnisse zu neuen Möbeltypen führte. Die auf die Türen applizierten Ornamentleisten deuten nur das gewohnte Bild der Rahmen- und Füllungstüren an, sind jedoch reine Dekor-Elemente. Diese wie auch die geschwungenen Füße und Zargen sind für eine kostensparende maschinelle Bearbeitung verändert. Das Design dieses Schrankes, das an vereinfachte Formen von Barock und Rokoko anknüpft, wird der neuen Stilrichtung „Chippendale“ zugeordnet.
Speisezimmer-Büfett
Möbelfabrik Franz Finkeldei & Söhne, 1937
Bauhaus-Einfluss, Französischer Nussbaum
Das 4-türige Speisezimmer-Büfett aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg wirkt durch die schlichte elegante Gestaltung, die auf jegliches Schnitzwerk verzichtet. Offenbar ist hier der stetig steigende Einfluss des Bauhauses und auch des Deutschen Werkbundes spürbar. Die leicht gebogenen Türflächen lassen die natürliche Schönheit des französischen Nussbaumholzes zur vollen Geltung kommen. Die Furniertechnik mit dem ausgesuchten Furniermaterial nicht nur für die Türflächen, sondern auch für Platte, Konsole, Retabel und allen Vorderkanten der Seiten und Zargen wird hier besonders gefordert, ebenso die Oberflächenbehandlung mit dem geeigneten Polierverfahren. Auch die Füße passen mit einer schlichten konkaven Schweifung.
Vitrine „Duett“
Möbelfabrik Joseph Günther / Günther KG, ab 1965
Chippendale, Schleiflack weiß, auch in Nussbaum
Die elegante Vitrine verkörpert die feine Linienführung und Ornamentik der Barock-/Rokoko Ära, betont durch eine nuancenreiche Schleiflackierung. Das ergiebige Akanthus-Blatt mit Schnörkel erscheint in vielerlei Variationen an dem Fuß-Zargengestell, den Doppelrahmentüren im unteren Flächendekor und den geschweiften Sprossen, an den Lisenen und der erhöhten Mittelkartusche des Gesimses.
Büfett „Meißen“
Möbelfabrik Joseph Günther (2. Abschn.) / Günther KG, 1980
Empire – Directoire, Birke-Maserholz
Das Büfett vertritt die elegante Einzelmöbelpalette „Meißen“ im Directoire-Stil. Im Vergleich zum vorangegangenen Stil „Louis XVI“ sind die Formen einfacher; gerade Linien und Symmetrie leiten über zu dem Stil des Empire. Die Vorderfront mit vier Türen und Schubkästen erscheint reizvoll durch den Kontrast zwischen den ebenholzschwarzen Säulen und Profilen und den leuchtend cognacfarbenen Flächen. Das Material ist Birkenmaser, das durch Beizung und Lackierung seine Wirkung erhält.